Dieser Krimi geht ab wie eine Rakete

Der Japaner Iori Fujiwara hat einen Krimi geschrieben, der so packend ist wie sein eigenes Leben. Um Spielschulden zu tilgen, hat er sich ans Schreiben gemacht und ist mit seinem Buch «Der Sonnenschirm des Terroristen» durchgestartet. 10,9,8… 3,2,1, Zero - VROOMM!

Annette König liegt neben dem Krimi  "Der Sonnenschirm des Terroristen" von Iori Fujiwara und stellt einen Rakete nach.
Für diesen schubstarken Krimi kriegt Iori Fujiwara von Annette König vier Kronen.

Mitten in einem Park in Toyko geht eine Bombe hoch. Zahlreiche Tote, zahlreiche Verletzte. Shimamura, ca. 43, abgehalfterter Barkeeper und Altboxer, wird von der Polizei verdächtigt, die Bombe gelegt zu haben. Grund: Schon einmal, vor 20 Jahren, war er in ein Bombenattentat verwickelt. Und jetzt kleben seine Fingerabdrücke an einer Whiskyflasche, die er im Park - den Ort des Attentats - zurückgelassen hat.

 

«Sechs Uhr. Ich ging in die nur durch eine Tür von meinem Zimmer getrennte Bar. Ich dachte nach. Meine Fingerabdrücke waren genau da, wo die Polizei suchen würde. Es würde nicht lange dauern, bis sie mich gefunden hätten. Zwei, drei Tage. Eine Woche. Mit Glück einen Monat vielleicht. Aber irgendwann würden sie mich finden. Viel Zeit blieb mir nicht. Genauso wenig wie meiner Leber bis zur Zirrhose. Das stand fest.»

 

Shimamura wagt die Flucht nach vorne. Er will den wahren Bombenleger überführen. Dabei bekommt er von unerwarteter Seite Unterstützung.

Skizze eines japanischen Snacks aus "Der Sonnenschirm des Terroristen" von Iori Fujiwara.
Der einzige Snack in Shimamuras Bar erobert das Herz eines Yakuza. Das Würstchen auf Weisskohl und Brot mit Senf und Ketchup schmeckt einem Mafia-Gangmitglied so sehr, dass er Shimamura seine Hilfe anbietet.

Daumen rauf

  • Spektakulär. Wie dieser Krimi von Null auf Hundert geht. Und am Ende noch einen Zacken zulegt! Nicht von ungefähr hat Fujiwara dafür den 10 Millionen Yen dotierten Edogawa-Ranpo-Krimipreis erhalten.
  • Spannender Werdegang. Die Lebensgeschichte von Fujiwaras Hauptfigur fasziniert. Ich tauche ab in die Studentenunruhen der 60er-Jahre in Japan. Damals war Shimamura ein cooler Student, der sich als Newcomer in der Boxer-Szene einen Namen gemacht hat. 25 Jahre später ist er ein Loser-Typ. Einsam, verlassen. Was da bloss passiert ist?
  • Sozialkritisch. Fujiwara zeigt auf, dass die japanische Leistungsgesellschaft mitverantwortlich ist, wenn Randständige straffällig werden. Denn gerade in der Ausgrenzung von Alkoholikern, Drogensüchtigen, Ex-Häftlingen und unterbezahlten Teilzeitarbeitenden sieht der Autor die Wurzel alles Bösen.
  • Psychologisch stark. Eindrücklich relativiert Fujiwara die Schuldfrage und zeigt auf: Jeder Mensch hat einen Siedepunkt, an dem er sich selbst nicht mehr erkennt. An dem er zur Bestie wird, weil das Gute in ihm ins Böse kippt. Roarrr.

Daumen runter

  • Dieser Krimi ist einfach und gradlinig geschrieben. Ein sprachliches Kunstwerk ist es nicht.
Der Roman "«Der Sonnenschirm des Terroristen» von Iori Fujiwara liegt auf einer Sushi-Roll-Matte.
«Der Sonnenschirm des Terroristen» hat für mich genau die richtige Wasabi-Stärke.

Der Autor

Iori Fujiwara (1948-2007) hat Romanistik studiert und ist über Umwege Krimi-Autor geworden. Das Buch «Der Sonnenschirm des Terroristen» hat der Kettenraucher und passionierte Mahjong-Spieler verfasst, um mit den Tantiemen und möglichen Preisgeldern Spielschulden tilgen zu können. Tatsächlich erhielt Fujiwara 1995 für den Roman den Edogawa-Ranpo-Krimipreis und ein Jahr später den Naoki-Literaturpreis. Im selben Jahr 1996 wurde der Roman fürs Fernsehen verfilmt. Fujiwara starb 2007 an Speiseröhrenkrebs.

 

Das Buch: Iori Fujiwara: «Der Sonnenschirm des Terroristen» (2017, Cass-Verlag)

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